Die korrekte Lüftung von Entwässerungsanlagen

Bei einigen Schmutz-, Misch- und Regenwasserkanälen ist es erforderlich, dass diese von Zeit zu Zeit gespült werden. Bei der Spülung, die spezielle Firmen ausführen, werden die Kanäle mit Hochdruck gereinigt. Bei der Hochdruck-Kanalreinigung wird ein Schlauch mit einer Reinigungsdüse von einem Schacht aus durch die Kanalisation geführt. Am nächsten Schacht angekommen, wird der Schlauch per Motorwinde zurückgezogen, wodurch die im Kanal befindlichen Ablagerungen herausgespült werden. Bei diesem Vorgang wird im Bereich vor der Düse ein Unterdruck und hinter der Düse ein Überdruck erzeugt. Die restliche Luft drückt in die bzw. saugt aus den Hausanschlussleitungen. Die Drücke gleichen sich über die Schächte und über die Dachentlüftung der angeschlossenen Häuser aus, wenn dort die sanitären Anlagen fachgerecht installiert und in ordnungsgemäßen Zustand sind.
Wenn während der Spülung nur ein leichtes Rauschen durch den Geruchsverschluss einer Toilette oder Dusche zu hören ist, ist die Entwässerungsanlage in Ordnung.
Sollte Wasser aus einem Geruchsverschluss austreten, ist die Dachentlüftung nicht in Ordnung oder es sind nicht alle sanitären Anlagen an die Dachentlüftung angeschlossen.
Wenn es nach der Kanalspülung übel richtet, könnte das Wasser aus einem Geruchsverschluss herausgesaugt worden sein. Der Geruchsverschluss ist durch das Auffüllen mit einer ausreichenden Wassermenge wieder leicht herzustellen.
Zur Vermeidung von „Problemen“ ist es zwingend erforderlich, dass die Entwässerungsanlage gemäß DIN 1986-100 aufgebaut ist. Die DIN 1986-100 regelt die Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke und wird laufend aktualisiert, um neue Entwicklungen in der Entwässerungstechnik zu berücksichtigen. Sie enthält spezifische Anforderungen an die Planung und Ausführung von Entwässerungssystemen. Diese DIN beinhaltet unter anderen, dass die Entwässerungsanlage ordnungsgemäß entlüftet wird.
Es stellt sich sicher die Frage, warum eine ordnungsgemäße Entlüftung von so großer Bedeutung ist. In den Schmutzwasserfallleitungen ist nicht nur Abwasser unterwegs, sondern auch Luft, die dem Druckausgleich dient. Man kann davon ausgehen, dass von einer ablaufenden Abwassermenge die 10-35-fache Menge an Luft mitgerissen wird. Ordnungsgemäße Be- und Entlüftungsanlagen sorgen für den Druckausgleich und verhindern, dass Gluckergeräusche an den Ablaufstellen entstehen oder sogar das Sperrwasser aus Geruchsverschlüssen abgesaugt wird. Dies geschieht zum einen dadurch, dass über eine über das Dach führende Lüftung Luft zum Druckausgleich angesaugt wird. Im Haus schiebt das aus der Fallleitung in die Sammel- oder Grundleitung abfließende Abwasser eine größere Luftmenge vor sich her. Sie wird in die horizontal verlaufende Leitung geschoben und muss hier die Möglichkeit haben, abströmen zu können. Deshalb dürfen in Sammel- und Grundleitungen keine Geruchsverschlüsse, Rückstauverschlüsse oder vergleichbare Luftsperren eingebaut werden. Solche Einbauten halten die Luft fest und lassen beim Ablaufvorgang einen Gegendruck entstehen. Aber nicht nur die durch den Ablaufvorgang bewegte Luft muss ihren Weg finden. Über Entwässerungsanlagen werden auch organische Stoffe, wie Fäkalien oder Speisereste, abgeführt. Diese Stoffe werden nicht immer sofort komplett aus dem Entwässerungssystem herausgespült. Dies kann zu Gärprozessen führen, die wiederum zu Gas- und Wärmebildung führen. Die entstehende Wärme lässt die Gase nach oben aufsteigen. Damit die Gase schadfrei entweichen können, ist eine ordnungsgemäße Entlüftung erforderlich. Unterstützt wird das Ableiten der Gase auch dadurch, dass sich ein Durchzug vom belüfteten Straßenkanal bis hin zur Lüftung des Entwässerungssystems im Haus aufbaut. Ein weiterer Grund dafür, die Grund- und Sammelleitungen nicht mit Geruchverschlüssen oder Klappen zu verbauen.
Für die ordnungsgemäße Entlüftung gelten daher folgende Regeln:
- Die Hauptlüftung muss vom obersten Anschluss an die Fallleitung bis über das Dach verlaufen. Diese Leitung führt kein Abwasser und muss in der gleichen Nennweite wie die Schmutzwasserfallleitung ausgeführt werden.
- Belüftungsventile sind für den Einsatz in Einzel- und Sammelanschlussleitungen zugelassen. Der Einbau von Belüftungsventilen als Ersatz für Hauptlüftungsleitungen ist bei Ein- und Zweifamilienhäusern möglich, wenn mindestens eine Fallleitung über Dach geführt wird. Belüftungsventile sind so zu installieren, dass sie im Falle eines Defekts ohne bauliche Maßnahmen ausgetauscht werden können. Für ausreichenden Luftzutritt ist zu sorgen.
- Neben der Hauptlüftung gibt es gemäß DIN auch die Möglichkeit der direkten Nebenbelüftung, der indirekten Nebenbelüftung und der Umlüftung.
- Die DIN 1986-100 beinhaltet auch eindeutige Vorgaben bezüglich der Be- und Entlüftung von Grund- und Sammelleitungen. Hierzu heißt es: „In Anlagen ohne Fallleitungen muss für die Be- und Entlüftung der Grund- und Sammelleitungen mindestens eine Lüftungsleitung DN 70 über Dach geführt werden. Innerhalb der so belüfteten Leitungen sind die Anforderungen für Einzel- und Sammelanschlussleitungen einzuhalten. Mündet eine Lüftungsleitung in der Nähe von Aufenthaltsräumen, so ist sie mindestens 1,00 m über den Fenstersturz hochzuführen oder so zu verlegen, dass sie mindestens 2,00 m seitlich der Fensteröffnung liegt“. Zur besseren Be- und Entlüftung von Entwässerungsanlagen sind die Endrohre von Lüftungsleitungen über Dach nach oben offen auszuführen. Abdeckungen dürfen nicht eingesetzt werden.
Jeder Hauseigentümer sollte im eigenen Interesse prüfen oder prüfen lassen, ob die Lüftung den technischen Erfordernissen entspricht. Falls die Vorgaben bisher nicht eingehalten werden, sollte dies nach Möglichkeit zeitnah nachgeholt werden.

