Persönliche Stellungnahme des Bürgermeisters der Gemeinde Gerstungen zur Entwicklung des Kindergartenstandortes im Ortsteil Marksuhl

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„Diese Zeilen sind meine persönliche Stellungnahme - und so sind sie bitte auch einzuordnen. Ich spreche hier nicht für das Organ Gemeinderat, sondern als gewählter Bürgermeister. Ganz ehrlich, es fällt mir schwer, meine persönliche Enttäuschung aus dieser Stellungnahme herauszuhalten.“

Seit einigen Tagen kursieren verschiedene Falschinformationen, Gerüchte und bewusst gestreute falsche Tatsachenbehauptungen zur Frage, WIE und WO sich der Kindergarten Marksuhl weiterentwickeln kann.

Allgemeine Lage:

Wenn wir den Zustand der Kindergartenlandschaft Gerstungens von oben betrachten, laufen wir verschiedenen Problemstellungen hinterher bzw. haben wir große Mühe, mit Defiziten aus der Vergangenheit klarzukommen.

Da ist einerseits

  • dass immer noch verhältnismäßig dichte Netz an Einrichtungen gemessen an den Kinderzahlen,
  • die sich weiter im freien Fall befindliche Geburtenzahl,
  • die inhaltlichen Defizite,
  • die vergleichsweise hohen Gebühren und
  • – dafür ist der Kindergarten Marksuhl ein negatives Musterbeispiel – die teilweise bedenklichen baulichen Zustände am Gebäude.

Andererseits befindet sich die Gemeinde Gerstungen in erheblichen haushaltspolitischen Zwängen, die in den kommenden Jahren kaum noch Handlungsspielraum für freiwillige Leistungen (bspw. Vereinsförderung, Schwimmbad, Bibliotheken, die Pflege von Sportplätzen oder den Unterhalt von Dorfgemeinschaftshäusern) hergeben werden.

Erkenntnis Nr. 1 – Wir müssen die Frage der Investitionen in den Kindergarten Marksuhl immer im Zusammenhang mit der allgemeinen Haushaltslage der Gemeinde Gerstungen betrachten. Daher ist der Kostenfaktor ein wirklich relevanter Punkt.

Betrachte ich die Aktenlage zum Kindergarten Marksuhl, muss ich zur Feststellung kommen, dass die baulichen Probleme schon über 20 Jahre bekannt waren. Sehe ich mir an, wo die ehemalige Gemeinde Marksuhl ihre investiven Schwerpunkte gesetzt hat, blicke ich automatisch auf ein Pflegeheim. Dieses, mittlerweile nur noch zu gut zwei Dritteln ausgelastete Gebäude, kostete der ehemals selbstständigen Gemeinde Marksuhl über 5 Millionen Euro. Wichtig dabei ist zu wissen, dass es sich hierbei um eine freiwillige Leistung der früheren Gemeinde Marksuhl handelte. Der Bau, der Unterhalt und der Betrieb eines Kindergartens ist jedoch eine kommunale Pflichtaufgabe. Darin, so entnehme ich es der Aktenlage, investierte die ehemalige Gemeinde Marksuhl kaum. Diese Entscheidungen trafen die damals kommunalpolitisch Verantwortlichen im Rahmen ihrer demokratischen Rechte – daher will ich hier keinen persönlichen Kommentar abgeben.

Erkenntnis Nr. 2 - Der Kindergarten Marksuhl wurde baulich über Jahrzehnte vernachlässigt, was finanziell gesehen nicht nötig gewesen wäre. Die baulich-investiven Schwerpunkte wurden in der ehemaligen Gemeinde Marksuhl eben anders gesetzt.

Seit der Eingemeindung von Marksuhl in die Einheitsgemeinde Gerstungen wurde das Projekt „Sanierung, Teilabriss und Teilneubau“ von der Gemeinde Gerstungen aufgegriffen und weiterverfolgt. Die aus der ehemaligen Gemeinde Marksuhl vorliegenden Planungsgrundlagen und Kostenannahmen waren unbrauchbar. Daher wurde ein Planerauswahlverfahren angeschoben, welches das Architekturbüro Zwo16 aus Geisa für sich entschied.

Die Planungen erfolgten aufgrund damals prognostizierter Kinderzahlen und einem wirklich sehr großzügigen Raumkonzept. Es war in diesem Stadium des Planungsprozesses keine Rede von einer Kinderzahl von 100 oder mehr.

Die damals vom Architekturbüro berechneten Kosten von über 4 Millionen (heute wahrscheinlich rd. 20 Prozent mehr) Euro konnten und können durch die Gemeinde Gerstungen nicht finanziert werden. Fördermittel stehen aktuell auch nicht zur Verfügung. Diese wären in den Jahren zuvor aber noch verfügbar gewesen.

(Hintergrund-Info: Daher mussten in den zurückliegenden 24 Monaten zum Erhalt der Betriebserlaubnis notwendige bauliche Eingriffe am Kindergartengebäude ergriffen werden, sonst wäre das Haus bereits heute geschlossen. Zu diesen Maßnahmen zählten u.a. die Herstellung von Fluchtwegen.)

Seither dümpelt das Kindergartengebäude von Marksuhl in einem solchen baulichen Zustand herum, welchen ich als „weder Fisch noch Fleisch“ beschreiben würde. Persönlich kenne ich aus meiner Wohnsitzgemeinde solche problematischen Verhältnisse nicht. Dort wurde und wird das Wohl der Kleinsten ganz vorne angestellt – auch wenn das finanzielle Hemd recht kurz ist.

Erkenntnis Nr. 3 - Die Gemeinde Gerstungen nahm sich unverzüglich dieses Projektes an, konnte es aber bis heute aufgrund fehlender Finanzen nicht umsetzen. Das Gebäude ist erst in den letzten Jahren in einen brandschutzrechtlich sicheren Zustand versetzt worden.

Im Jahr 2024 beschäftigte sich der Gerstunger Gemeinderat mit der Zukunft des Kindergartennetzes generell. Dabei wurde aufgrund von konzeptionellen Fakten beschlossen, die Einrichtungen mit den geringsten Kinderzahlen und den problematischsten baulichen Verhältnissen zu schließen – Eckardtshausen und Unterellen. Für den Kindergarten Förtha – welcher baulich unproblematisch ist – wurde der Schließungsbeschluss in die Zukunft verschoben. Dafür ist auch die Frage relevant, wann und vor allem WIE die Lösung für den Kindergarten Marksuhl aussehen soll. Schließlich müssten im Rahmen einer Sanierung im Bestand Kinder vorübergehend in eine Ausweicheinrichtung „verlegt“ werden. Diese Einrichtung wäre Förtha.

(Wichtige Hintergrundinfo: Förtha, Wolfsburg-Unkeroda und möglicherweise Oberellen könnten sicherlich bei den aktuellen Geburtenzahlen mittelfristig die Kinder von Marksuhl und Burkhardtroda mit aufnehmen. Der Kindergarten Marksuhl könnte somit mittelfristig entbehrlich sein.)

Die Thüringer Aufbaubank (TAB) begleitete 2024 diesen Prozess. In dem von der TAB erstellten Gutachten wurde bereits die Variante „Schloss Marksuhl“ beleuchtet und als wirtschaftlich bewertet. Persönlich war ich zu diesem Zeitpunkt kein Anhänger dieser Variante, da ich Zweifel an der Funktionalität dieses Vorschlages hatte.

Nachdem der Gemeinderat den Arbeitskreis „Kindergartennetz Gerstungen 2040“ ins Leben gerufen hatte, war ein zentraler Prüfungspunkt die Zukunft des Kindergartens Marksuhl. In diesem Zusammenhang erfolgte ein Arbeitstermin mit dem Architekten Jan Heumüller von ZWO16. Er erhielt lediglich den Auftrag zu prüfen, ob und unter welchen Bedingungen im Marksuhler Schloss ein Kindergarten seine Heimat finden könnte.

Die erarbeiteten Ergebnisse sind wirklich vielversprechend und sie wurden dem Gemeinderat in einer Informationsveranstaltung detailliert vorgestellt und die prinzipielle Machbarkeit nachgewiesen. Der Tenor aus dem Gemeinderat war durchweg positiv, verbunden mit der Aufgabe an die Verwaltung, dieses Projekt weiterzuverfolgen soll. Die von der Gemeindeverwaltung im Vorfeld eingezogene Investitionsobergrenze für den KITA- Umbau im Schloss Marksuhl von rund 2 Millionen Euro soll weiter beibehalten werden.

Erkenntnis Nr. 4: Der Gemeinderat, der Bürgermeister und die Verwaltung haben sich zusammen mit Vertretern der Elternschaft mit der Zukunft des Kindergartennetzes für ganz Gerstungen intensiv (zuletzt am Samstag, den 15. November 2025, 8-11 Uhr) beschäftigt. Dabei wurde auch die dem Gemeinderat vorgestellte „Machbarkeitsstudie“ vom „Schlosskindergarten Marksuhl“ beraten und für sinnvoll erachtet.

Dieser Prozess war Anlass für mich, den Leiter des Forstamtes Marksuhl über diese Entwicklungen zu informieren. Das Forstamt ist seit langer Zeit Mieter im Schloss Marksuhl. Es ist daher notwendig und fair, dass ich als gewählter Vertreter der Gemeinde Gerstungen das Gespräch mit der Amtsleitung suche und die notwendigen Informationen weitergebe. Wenn dieser Fakt allein schon ein Grund ist, meine Arbeit so verzerrt und teilweise falsch öffentlich zu kommentieren, dann weiß ich auch nicht weiter, was ein Bürgermeister überhaupt noch darf.

In diesem Gespräch wurde meinerseits zugesichert, dass wir als Gemeinde Gerstungen dem Forstamt in den leerstehenden Verwaltungsräumen einen alternativen Ausweichstandort anbieten. Ich kann nur jedem Bürger Gerstungens empfehlen, sich diese vielen, modernen aber ungenutzten Räume einmal anzusehen. Hier könnte das Forstamt weiter am Standort Marksuhl verweilen.

(Wichtige Hintergrundinfo: Im Übrigen ist nicht in Stein gemeißelt, dass das Forstamt auch in fünf oder zehn Jahren noch in Marksuhl ansässig ist. Wenn die Anstalt Thüringenforst seitens des Freistaates Thüringen die Auflage erhielte, nur noch Forstämter in landeseigenen Liegenschaften anzusiedeln, wäre der Standort Marksuhl ohnehin Geschichte.)

Fakt ist, dass der Amtsleiter des Forstamtes auch schon Gerüchte gehört hatte, demzufolge war mein Besuch dort auch notwendig, bevor die Gerüchteküche weiter brodelt. Aber genau dieser Umstand ist heute eingetreten.

Im Rahmen dieses Gespräches habe ich weder mündlich noch schriftlich den Mietvertrag mit dem Forstamt gekündigt. Wir sprachen lediglich über die vertraglichen Rahmenbedingungen. Die Entscheidung über die Umsetzung des neuen Kindergartenkonzeptes trifft der Gemeinderat. Darunter fiele dann auch die Frage der Umsetzung der baulichen Strategie für den Kindergarten Marksuhl. Ich behalte mir auch in Zukunft vor, die aus meiner Sicht notwendigen und zum Wohle der Gemeinde notwenigen Gespräche zu führen.

Wir – Gemeinderat, Verwaltung, ehrenamtliche Eltern und ich – arbeiten gemeinsam an der Lösung der eingangs beschriebenen Probleme. Wir machen dies zum Wohle unserer Kinder und unserer jungen Familien. Für die übernommenen Zustände können ich und weite Teile des Gemeinderates nichts. Wir arbeiten sachorientiert dafür, dass wir schnellstmöglich ein zukunftsfähiges, baulich bestmögliches und inhaltlich zukunftsfähiges Kindergartennetz haben. Nicht zu vergessen, auch ein bezahlbares Netz.

Daniel Steffan
Bürgermeister